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ISBN: 978-3-85371-253-5 Kategorie: Edition Linke Klassiker.Senft, Gerhard (Hg.): Essenz der Anarchie.
Die Parlamentarismuskritik des libertären Sozialismus
Promedia 2006. 176 S. 21 x 15. brosch.
€ 14,90. ISBN: 978-3-85371-253-5
Nicht selten wird der Anarchismus als "Kinderkrankheit" der Arbeiterbewegung oder als ein Produkt kleinbürgerlichen Denkens betrachtet. Lenin war überzeugt, dass Anarchismus "außer allgemeinen Phrasen gegen die Ausbeutung" nichts zu bieten habe. Trotzki verortete den Anarchismus auf dem "Misthaufen der Geschichte". Stalin bewertete die Thesen der AnarchistInnen als "ein Resultat ihrer Denkschwäche". Als eigenständige politische Strömung, als Kulturbewegung, als work in progress ist der Anarchismus damit jedoch eindeutig unterschätzt. Im Zentrum seines programmatischen Wirkens steht der gedankliche Ansatz, die Vielzahl der Verstrickungen des Menschen in Unterwerfungsordnungen und in Unterwerfungsideologien aufzulösen.
Der Anarchismus ist als ein facettenreiches Phänomen zu begreifen, das aufklärerisch und romantisch zugleich auftritt. Er vereint Elemente des Individualismus sowie des Sozialismus in sich. Die unterschiedlichen Richtungen innerhalb des Anarchismus kennen einen gemeinsamen Angriffspunkt: den Parlamentarismus.
Neben dem Antimilitarismus bietet diese Parlamentarismuskritik der Anarchisten die meisten Anknüpfungspunkte an Problemfelder der heutigen Gesellschaft. Allen repräsentativen Umfragen zufolge nimmt in den Demokratien westlichen Musters das Misstrauen gegenüber den politischen Eliten zu. Gemäß dem Motto "Wozu noch wählen?" bleibt eine steigende Zahl von wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern den Urnengängen fern. Das Stimmvieh reagiert mittlerweile störrisch, wenn es, angeschlossen an die großen kulturindustriellen Illusionsmaschinen, als leicht manipulierbares Verschubmaterial für politische Wahlgänge missbraucht werden soll.
Die "libertäre Demokratie", wie sie der Anarchismus vorschlägt, begreift sich als Antithese zur parlamentarischen Demokratie. Im Anarchismus sollen alle zentralistisch-hierarchischen Strukturen aus den politischen, sozialen und ökonomischen Organisationsformen eliminiert, jede im Rahmen gesellschaftlicher Prozesse wirkende etatistische oder technokratische Autorität soll ausgeschaltet werden. Politik und Ökonomie werden nach "libertärer Theorie" von den BürgerInnen in Selbstverwaltung übernommen, indem möglichst alle gesellschaftlichen Aufgaben an möglichst alle Beteiligten delegiert werden. Die sich selbst gestaltende Gesellschaft wird vor einer neuen Autoritätsbildung geschützt, indem die politische und die ökonomische Administration durch Wahl eingesetzt wird und danach der Möglichkeit einer Abwahl ausgesetzt bleibt.
Der Herausgeber
Gerhard Senft, geboren 1956, ist Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien. Mehrjährige Berufstätigkeit als Ingenieur im Industrieanlagenbau, anschließend Studium der Volkswirtschaft. Theodor Körner-Preis für den Fachbereich Wirtschaftswissenschaften 2001. Zuletzt wurde von ihm (mit Lutz Roemheld) herausgegeben: Pierre-Joseph Proudhon. System der ökonomischen Widersprüche oder: Philosophie des Elends (Berlin 2003).
14,90 €
Senft, Gerhard (Hg.): Essenz der Anarchie.
Die Parlamentarismuskritik des libertären Sozialismus
Promedia 2006. 176 S. 21 x 15. brosch.
Die „Zeitschrift für Politikwissenschaften“ Nr. 2/07: „Der Wiener Volkswirtschaftler präsentiert mit diesem Band neun anarchistische Parlamentarismuskritiken des 19. und 20. Jahrhunderts, die jeweils kurz eingeleitet werden. Das Spektrum reicht von prominenten Autoren wie Kropotkin und Mühsam bis zu den heute weitgehend vergessenen Raphael Friedeberg oder Helmut Rüdiger. Senft, der bereits zahlreiche Schriften von und über libertäre Theoretiker veröffentlichte, skizziert zunächst in der ideengeschichtlichen Einleitung die Verengung des Liberalismus auf Rechtssaat und Parlamentarismus im 19. Jahrhundert.(…)“
Jochen Knoblauch in der Zeitschrift „Contraste“ im Oktober 2006: „Und da wir nun auf immer wieder kehrende Weise mit dem Problem des Parlamentarismus konfrontiert werden, gehört dieses Buch – vielleicht neben dem GWR-Sonderheft ?Wer wählt, hat die eigene Stimme bereits abgegeben‘ – zur wichtigsten ?Essenz der Anarchie‘ und unbedingt gelesen, bevor der nächste Wahlboykott kommt.“
Bernd Drücke in der Internetplattform www.linksnet.de am 27.9.2006: „Die vielen schwarzen, fünfzackigen Sterne auf rot leuchtendem Grund machen das Cover von ?Essenz der Anarchie‘ zu einem Hingucker. Und wer das Vorwort des Herausgebers liest, bekommt schon nach wenigen Zeilen Lust auf mehr.“
Die Zeitung „Korso“ im Juli 2006: „Man muss nicht Anarchist sein, um Gerhard Senfts scharfsinniger Diagnose der Schwächen des Parlamentarismus zumindest einen Kern an Wahrheit zuzumessen.“
Der Wiener „Falter“ Nr. 25/06 im Juni 2006: „Im Buch zieht der Ökonom in der Wollweste (…) auch historische Bilanz: Rätesystem in der Pariser Kommune. Die autonomen Matrosen im russischen Kronstadt. Anarchistischer Widerstand gegen Franco. Basisdemokratische Kibbuzim in Israel. Die Geschichte kennt Beispiele für ein Zusammenleben der Menschen auch ohne Leithammel. Und anarchistisches Gedankengut könne Anregungen auch für die heutige Zeit geben, meint Senft.“
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