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ISBN: 978-3-85371-215-3 Kategorie: Österreich.Schwendter, Rolf: Subkulturelles Wien.
Die informelle Gruppe (1959-1971)
Promedia 2003. 160 S. 21 x 15. brosch.
€ 17,90. ISBN: 978-3-85371-215-3
"Als wir im November 1959 begannen, waren wir zwölf. Und das nicht deshalb, weil zwölf so eine schöne Zahl ist, sondern weil genau so viele Personen aus dem leer stehenden Kobenzl-Bunker von der Polizei herausgeholt wurden, als sie sich dort eingefunden hatten, um Texte von Villon, Artmann und Poe einander vorzulesen. Selbstredend waren wir für die zeitgenössische Boulevard-Presse mindestens Rocker, die im Bunker Orgien gefeiert hatten." So wie Rolf Schwendter die Anfänge der "Informellen Gruppe" in Wien beschreibt, gibt er einen plastischen Einblick in die kulturelle Enge der späten 1950er Jahre.
Ein lähmender gesamtgesellschaftlicher Konsens bestimmte das Jahrzehnt vor 1968, Subkulturen wurden von der alles erdrückenden Mehrheit als kriminell oder als psychopatisch wahrgenommen. An den Universitäten war die Autoritätshörigkeit ungebrochen, der Milieukatholizismus legte sich bleiern über die Gesellschaft. Das Spielen von Stücken Bertold Brechts war - dank Friedrich Torberg und Hans Weigel - verboten.
Was den jungen Künstlern, Literaten, Journalisten, Schauspielern, die sich im "Freundeskreis" der Informellen Gruppe trafen, vor allem fehlte, war ein öffentlicher Raum für jede Aktivität, die von herrschender Kultur abwich. Man traf sich in privaten Wohnungen, meist Kabinetten, in leerstehenden Bunkern, in Schrebergartenhäuschen. Rolf Schwendter, einer der Gründungsväter der "Informellen Gruppe", beschreibt in seinem Buch ein Stück österreichischer Kulturgeschichte, das nach 1968 zusehends in Vergessenheit geraten ist. Zuunrecht, denn die Aufbereitung eines subkulturellen Klimas durch jenen "Freundeskreis", der zeitweise bis zu 300 informelle Mitglieder umfasste, war eine Vorbedingung für die kulturelle Revolution des Jahres 1968.
Der Schwerpunkt der Informellen Gruppe lag auf der Kulturarbeit. Die Ausweitung des Kulturbegriffs in seiner widersprüchlichen Ganzheit, in seiner Totalität des Alltagslebens, ging damit einher. Neben Lesetheater, "methodischem Interventionismus", Partiturfeste und "wilder" Selbsterfahrung gaben die Mitglieder der Gruppe auch hektographierte Zeitungen heraus, die durchaus als Vorläufer einer Stadtzeitung im post-68er-Sinne begriffen werden können. Mitte der 60er Jahre wurden politische Debatten häufiger und mischten sich mit antiautoritären Vorstellungen. Im Frühjahr 1971 ging der Verteiler der "Informellen Gruppe" im "Neuen Forum" auf.
Der Autor
Rolf Schwendter, (1939–2013), wuchs in Wien auf und studierte Theaterwissenschaften, Jus und Soziologie. An der Gesamthochschule in Kassel hat der als unkonventioneller Denker bekannt gewordene Schwendter eine Professur für Devianzforschung inne. Berühmt geworden ist sein erstmals 1971 erschienenes Werk "Theorie der Subkultur". Im Promedia Verlag sind bisher von ihm erschienen: "Schwendters Kochbuch" und "Arme Essen, Reiche Speisen. Sozialgeschichte der zentraleuropäischen Gastronomie". Schwendter machte sich in den vergangenen Jahren als Literat, Schauspieler und Koch einen Namen. Sein "Erstes Wiener Lesetheater" gehört mittlerweile zum fixen Bestandteil der Alternativkultur in Österreich.
17,90 €
Schwendter, Rolf: Subkulturelles Wien.
Die informelle Gruppe (1959-1971)
Promedia 2003. 160 S. 21 x 15. brosch.
Die „Bücherschau“ Nr. 163 (2/2004): „Rolf Schwendter, Drehscheiben-Figur dieser bunt-scheckigen Szene, hat die Geschichte dieser informellen Gruppe aufgearbeitete. Damit hat er nicht nur die geisteswissenschaftlichen Wandlungen in Wiens Subkultur der Jahre 1959 bis 1971 exemplarisch dokumentiert, sondern auch eine Art ?Who is who‘ des Underground dieser Jahre geliefert.“
Die Zeitschrift „concerto“ im April/Mai 2004: „Rolf Schwendter zeichnet in seinem Buch die Entwicklung des Kreises von einer kleinen Clique zu einem breiten, zunehmend anonymeren Kontakt-Netzwerk bis zur Auflösung 1971 (…) Der Umstand, dass zeitweilig so bedeutende Persönlichkeiten wie die Literaten Konrad Bayer, Robert Schindel, Peter Henisch und Experimentalfilmer wie Ferry Radax (…) involviert waren, dass dort der noch immer aktive Free-Jazz-Pionier Fritz Novotny ein Umfeld für seine ersten Experimente fand, dies wird nur am Rande gestreift.“
Die „Neue Zürcher Zeitung“ am 24.11.2003: „Schwendters rührendes Porträt zeigt den Aufbruch einer Epoche in seinen Wiener Möglichkeiten. Die Hoffnung wird auch in der Subkultur vom Zweifel in Schach gehalten“.
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