Product Information
ISBN: 978-3-85371-446-1 Kategorie: Wissenschaft.Koller, Christian / Marschik, Matthias (Hg.): Die ungarische Räterepublik 1919.
Innenansichten – Außenperspektiven – Folgewirkungen
Promedia 2018. 280 S. 14,8 x 21. broschiert, bebildert
€ 21,90. ISBN: 978-3-85371-446-1
Die Niederlage der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg und die Ausrufung der Sozialistischen Sowjetrepublik in Russland im Herbst 1917 bildeten die Rahmenbedingungen für eine revolutionäre Aufbruchsstimmung. Vielerorts entstanden Rätebewegungen, denen es gelang, die Herrschaft zu übernehmen und – meist nur kurzlebige – Regierungen zu installieren. Politische und ökonomische Zwänge, aber auch konservativ-reaktionäre Gegenrevolutionen mit starker (para-)militärischer Unterstützung konnten die Rätestrukturen bereits in der Aufbauphase gewaltsam beseitigen und ihre Konsolidierung verhindern.
Die ungarische Räterepublik bestand zwischen dem 21. März und dem 1. August 1919. Verantwortlich für ihre Ausgestaltung war vor allem der aus Moskau zurückkehrende Béla Kun. Obwohl offiziell nur „Volksbeauftragter für Außenbeziehungen“, entwickelte er die entscheidenden Planungen für die Verstaatlichung von Banken, Betrieben und Gebäuden sowie für eine umfassende Bodenreform. Die Erwartungen waren überzogen; die Umsetzung gelang nicht. Daran scheiterte die ungarische „Diktatur des Proletariats“ ebenso wie am weißen Gegenterror, am Widerstand der Siegermächte des Weltkriegs und letztlich an der Unfähigkeit, das selbst definierte Staatsgebiet militärisch zu schützen.
Bis heute ist die Geschichte der ungarischen Räterepublik im deutschsprachigen Raum kaum aufgearbeitet. Es überwiegt ein negativ konnotierter Diskurs, der auf Chaos und Willkür fokussiert und die Nachfolge von „Reichsverweser“ Admiral Miklós Horthy als logische Konsequenz sieht. Dass die ungarische Räterepublik die erste friedliche Machtübernahme einer kommunistischen Regierung in Europa darstellte, wird ebenso ausgeblendet wie die Frage nach den Zielen und Idealen oder jene nach den Beziehungen zu anderen Staaten.
Der vorliegende Band stellt eine übersichtliche Einführung in die Thematik dar. ExpertInnen aus Ungarn, Österreich, der Schweiz, Deutschland und den USA arbeiten das Wissen über die ungarische Räterepublik auf. Dabei werden auch Detailaspekte von der Veränderung des Budapester Stadtbildes während der Räteherrschaft bis zur Beurteilung des Regimes durch Benito Mussolini näher beleuchtet.
Die Herausgeber:
Christian Koller, geboren 1971, studierte Geschichte, Wirtschafts- und Politikwissenschaften. Er habilitierte sich zur Begriffsgeschichte von Fremdherrschaft. Seit 2014 ist er Direktor des Schweizerischen Sozialarchivs.
Matthias Marschik, geboren 1957, studierte Psychologie und Philosophie in Wien. In seiner Habilitation beschäftigte er sich mit dem Beitrag des Sports zur Nationswerdung Österreichs nach 1945. Zahlreiche Buchpublikationen zu Alltagskulturen insbesondere des Sports und des Automobilismus.
21,90 €
Koller, Christian / Marschik, Matthias (Hg.): Die ungarische Räterepublik 1919.
Innenansichten – Außenperspektiven – Folgewirkungen
Promedia 2018. 280 S. 14,8 x 21. broschiert, bebildert
Der vorliegende Band bietet eine Überblicksdarstellung zur ungarischen Räterepublik und wendet sich an ein breit interessiertes Publikum. Die Autoren und Autorinnen sind durchweg ausgewiesene Experten und Expertinnen auf ihrem Gebiet. Die meisten Beiträge wurden auf der Grundlage eigener Forschung verfasst und erweitern damit wesentlich den Erkenntnisstand.
Ibolya Murber, The Central and Eastern European Online Library, Juni 2020
Die 16 Beiträge des Bandes beleuchten bisher wenig aufgearbeitete und bekannte Aspekte der ungarischen Räteherrschaft. Karl-Heinz Gräfe beschreibt unter anderem die Besetzung von Betrieben und die Aufteilung von Ländereien durch unzufriedene Arbeiter und von der Front zurückströmende Soldaten.
Gerd Bedszent, Das Blättchen, April 2020
Vor 100 Jahren fand in Ungarn ein politisches Experiment statt: Die Rätebewegung regierte das Land. Sie hatte die Macht von der bürgerlich-sozialdemokratischen Regierung übernommen. Nur 133 Tage überlebte dieses Experiment. Doch in der kurzen Zeit strahlte es weit über das Land hinaus und hinterließ langfristige Spuren wie die Einführung des allgemeinen Wahlrechts für Männer und Frauen. Ein neues Buch, das der Wiener Historiker Matthias Marschik gemeinsam mit seinem Schweizer Kollegen Christian Koller herausgegeben hat, erzählt die Geschichte. Der Sammelband beleuchtet die Ereignisse aus vielen verschiedenen Blickwinkeln. Denn die Autoren kommen aus verschiedenen Ländern, der Leser kann so durch viele Brillen auf die kurze Phase der Räterepublik schauen. Dazu füllt das Buch eine Lücke, denn an deutschsprachigen Darstellungen zum Thema mangelte es bislang.
Florian Gasser, Die Zeit, 06.06.2019
Es das erste Mal, dass die ungarische Räterepublik im deutschsprachigen Raum so umfangreich, aus allen Perspektiven, aufgearbeitet wird. http://www.wallos-kulturschock.de/kultur/books/2019/06/raeterepublik/raeterepublik.htm
Wallos Kulturschock, 05.06.2019
… widersprechen die Autoren Christian Koller und Matthias Marschik dem Vorwurf, die Rätemacht sei blutrünstiger als das erstickende Horty-Regime gewesen. Sie weisen nach, dass die damalige europäische Reaktion auch stark antisemitische Gewaltexzesse als Erfolg gegen den „Judeo-Bolschewismus“ bejubelte.
Sabine Kebir, Freitag, 21.03.2019
Es ist angezeigt, diesen unlängst im Wiener Promedia-Verlag erschienenen bemerkenswerten Sammelband vorzustellen und zu lobpreisen. Es ist eine sehr verdienstvolle Publikation, nicht nur, weil sie an ein weithin vergessenes historisches Ereignis erinnert, an die Rätemacht, die Ungarn vom 21. März bis 1. August 1919 regierte, sondern auch, weil diese im eigenen Land heute verschrien, verschmäht, verleumdet wird. (…)
Rainer Holze, Neues Deutschland, 20.03.2019
Der vorliegende Band stellt eine übersichtliche Einführung in dieThematik dar. ExpertInnen aus Ungarn, Österreich, der Schweiz, Deutschland und den USA arbeiten das Wissen über die ungarische Räterepublik auf. Dabei werden auch Detailaspekte von der Veränderung des Budapester Stadtbildes während der Räteherrschaft bis zur Beurteilung des Regimes durch Benito Mussolini näher beleuchtet.
Buch Magazin, Februar 2019
Insgesamt ist der Band von deutlicher Sympathie oder zumindest Wohlwollen für das Räteregime gekennzeichnet, Kritik für seine Maßnahmen scheint fast nicht durch. Diese Perspektive wird leider im Band nicht direkt angesprochen, wird aber doch an vielen Stellen deutlich.
Petra Edlbacher, Kleine Zeitung, 06.01.2019
Verwandte Bücher
Geld Macht Krise
Becker, Joachim / Imhof, Karen / Küblböck, Karin / Manzenreiter, Wolfram (Hg.): Geld Macht Krise.
Finanzmärkte und neoliberale Herrschaft
Promedia 2003. 264 S. 24 x 17. brosch.
Die große Expansion
Wallerstein, Immanuel: Die große Expansion.
Das moderne Weltsystem III. Die Konsolidierung der Weltwirtschaft im langen 18. Jahrhundert
Promedia 2004. 464 S. 25 x 21. brosch.
Das moderne Weltsystem I
Wallerstein, Immanuel: Das moderne Weltsystem I.
Die Anfänge kapitalistischer Landwirtschaft und die europäische Weltökonomie im 16. Jahrhundert
Promedia 1986. 596 S. 21 x 15. geb.
Die Neue Welt
Die Neue Welt.
Süd- und Nordamerika in ihrer kolonialen Epoche
Promedia 2001. 232 S. 24 x 17. brosch.
Afrika im 20. Jahrhundert
Englert, Birgit / Grau, Ingeborg / Sonderegger, Arno (Hg.): Afrika im 20. Jahrhundert.
Geschichte und Gesellschaft
Promedia 2011. 256 S. 24 x 17. brosch.
Fidschi
Mückler, Hermann: Fidschi.
Das Ende eines Südseeparadieses
Promedia 2001. 240 S. 21 x 14. brosch.
Australien
Mückler, Hermann / Weichart, Gabriele / Edelmayer, Friedrich (Hg.): Australien.
18. bis 21. Jahrhundert. Geschichte und Gesellschaft
Promedia 2013. 280 S. 24 x 18. brosch.
Afrika 1500 – 1900
Eckert, Andreas / Grau, Ingeborg / Sonderegger, Arno (Hg.): Afrika 1500 - 1900.
Geschichte und Gesellschaft
Promedia 2009. 280 S. 24 x 18. brosch.
Afro-Brasilien: Vom weissen Konzept zur schwarzen Realität
Hofbauer, Andreas: Afro-Brasilien: Vom weissen Konzept zur schwarzen Realität.
Historische, politische, anthropologische Gesichtspunkte
Promedia 1995. 288 S. 21,9 x 14,9. brosch.
Die islamische Welt 600-1250, ein Frühfall von Unterentwicklung?
Feldbauer, Peter: Die islamische Welt 600-1250, ein Frühfall von Unterentwicklung?
Promedia 1995. 680 S. 17 x 24. brosch.